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Rodentizide – Gifte gegen Schadnager

Als Rodentizide werden chemische Schädlingsbekämpfungsmittel (Biozide) bezeichnet, die zur Bekämpfung bzw. Vernichtung schädlicher Nagetiere (Ratten, Mäuse, Wühlmäuse) eingesetzt werden. Die Rodentizide sind eine Untergruppe der Pestizide. Innerhalb der Rodentizide gibt es viele anorganische oder organische Giftstoffe, die akut oder chronisch wirken. Daneben gibt es auch pflanzliche Wirkstoffe wie Strychnin, die in der Vergangenheit zur Bekämpfung von Schadnagern eingesetzt wurden. Umgangssprachlich werden die Rodentizide schlicht mit den Begriffen Rattengifte oder Mäusegifte umschrieben.

Rodentizide werden in erster Linie als Fraßgifte angeboten, wobei es viele verschiedene Darreichungsformen (z. B. Köderform, Gifttränke, Streupulver, schaumartige oder klebende Zubereitungen) gibt.

Damit ein Rodentizid für das Köderverfahren geeignet ist,
müssen einige Anforderungen erfüllt sein:

  • Der Wirkstoff soll geruchlos und geschmacklos sein. Bei begifteten Ködern soll sich im Auswahlversuch kein Unterschied in der Annahme gegenüber unbegifteten Ködern zeigen. Bei industriellen Formulierungen muss dabei auch der Zusatz von Konservierungsmitteln, Farbstoffen sowie wasserabweisenden Stoffen berücksichtigt werden. (Üblicherweise werden Rodentiziden allerdings Bitterstoffe beigefügt, die von Mäusen und Ratten geschmacklich nicht wahrgenommen werden und dafür sorgen sollen, dass das Gift nicht von Menschen oder Tieren aufgenommen wird.)
  • Um eine Köderscheu zu vermeiden, soll die Wirkung der Rodentizide nicht zu schnell – also mit zeitlicher Verzögerung – erfolgen.
  • Gewünscht ist bei den Rodentiziden außerdem eine selektive Wirkung, was bedeutet, dass die Gifte eine ausreichend hohe Toxizität für die Schadnager aufweisen sollen, gleichzeitig aber für Menschen, Haustiere, Nützlinge und jagdbares Wild so ungiftig wie möglich sein sollen. Eine geeignete Köderwahl sowie eine zweckentsprechende örtliche und zeitliche Anwendung kann zum Erreichen oder Verbessern dieser Selektivität dienen.

Verschiedene Rodentizide und ihre Wirkung

Es gibt eine Vielzahl unterschiedliche Wirkstoffe mit verschiedenen Wirkweisen, die in Rodentiziden eingesetzt werden oder wurden. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie die Entwicklung neuer Wirkstoffe haben in der Vergangenheit immer wieder dazu geführt, dass einige Gifte komplett vom Markt verschwunden sind, während immer wieder neue Gifte mit neuen Wirkstoffen hinzugekommen sind. Insbesondere in jüngerer Zeit hat sich im Bereich der Rodentizide bzw. generell bei den Bioziden einiges durch die neue Biozid-Verordnung (Verordnung (EU) 528/2012) des Europäischen Parlaments getan (siehe unten).

Antikoagulanzien – Blutgerinnungshemmer

Heute bilden die antikoagulierenden Wirkstoffe eine der bedeutensten Gruppen innerhalb der Rodentizide. Es handelt sich dabei um chemische Stoffe oder Verbindungen, die eine Hemmwirkung der Blutgerinnung verursachen. Antikoagulantien werden bereits seit den 1940er und 1950er Jahren zur Bekämpfung von Schadnagern eingesetzt. Die ersten Wirkstoffe dieser Zeit werden als Antikoagulanzien der ersten Generation bezeichnet. Am bekanntesten ist dabei das Warfarin. Daneben gehören auch Chlorophacion, Coumatretalyl und Diapacinone zu dieser Kategorie der Antikoagulanzien. Allen Wirkstoffen ist gemein, dass es eine zeitliche Verzögerung zwischen Giftaufnahme und Verenden des Tieres gibt. Ebenso ist bei allen genannten Antikoagulantien der ersten Generation eine mehrfache Giftaufnahme an aufeinander folgenden Tagen erforderlich, damit eine tödliche Dosis erreicht wird.

Nachdem es vermehrt zur Bildung resistenter Rattenstämme kam, wurden in den 1960er Jahren die Antikoagulantien der zweiten Generation entwickelt. Hierzu zählen Bromadiolon und Difenacoum. Auch bei diesen Wirkstoffen ist eine mehrfache Aufnahme des Giftes / Wirkstoffes erforderlich, wobei die Aufnahme jedoch nicht mehr an aufeinander folgenden Tagen erfolgen muss. Die Wirkstoffe Difethialon, Brodifacoum und Flocoumafen gehören ebenfalls zu den Antikoagulanzien der zweiten Generation. Bei diesen Wirkstoffen reicht jedoch eine einmalige Aufnahme für die Verabreichung einer tödlichen Dosis aus. Diese antikoagulierenden Rodentizide weisen entsprechend die höchste Toxizität auf.

Anorganische Phosphide – Phosphinbildner

Zu den anorganischen Phosphiden, die als Wirkstoffe in rodiziden Begasungsmitteln eingesetzt wurden oder werden, gehören Zinkphosphid (Trizinkdiphosphid), Magnesiumphosphid, Calciumphosphid und Aluminiumphosphid. Die Richtlinie 98/8/EG hat in ihrem Anhang 1A bereits nur noch Aluminiumphosphid und Magnesiumphosphid als bedingt zugelassene Phosphinbildner gelistet. Heute greift auch hier die neue Biozid-Verordnung.

Zinkphosphid wurde in der Vergangenheit auch in Form von Fertigködern, Pasten oder als imprägniertes Giftgetreide gegen Ratten, Mäuse und Wühlmäuse eingesetzt. Bei oraler Aufnahme kommt es durch Reaktion mit der Magensäure zur Phosphinbildung und damit zum Tod. Zinkphosphid ist für alle Warmblüter – dementsprechend auch für den Menschen – hochtoxisch und bereits das Einatmen von Staub musste bei der Anwendung unbedingt vermieden werden. Aus diesem Grund ist der Einsatz heute nicht mehr zulässig.

Rodentizide Wirkstoffe, die heute nicht mehr eingesetzt werden:

  • Alpha-Naphthylthioharnstoff (Thioharnstoff, Antu) wurde früher als Köderkonzentrat, Streupulver oder Tränkegift insbesondere zur Bekämpfung von Wanderratten eingesetzt.
  • Arsenverbindungen
  • Bariumcarbonat
  • Strychnin
  • Weißer Phosphor
  • Toxaphen wurde als Rodentizid vor allem in der Bekämpfung von Feldmäusen eingesetzt. Daneben wurde der Wirkstoff in der Landwirtschaft als Insektizid verwendet. In Deutschland wurde Toxaphen in der Landwirtschaft bereits 1971 verboten. Seit 2004 gibt es ein weltweites Verbot für die Herstellung, den Verkauf und den Einsatz dieses Wirkstoffes, das 2001 durch die Stockholmer Konvention beschlossen wurde und neben Toxaphen noch elf weitere Pestizide betrifft.
  • Sillirosid ist ein herzwirksames, hochtoxisches Glykosid, das aus der roten Meerzwiebel gewonnen und als Fraßgift angeboten wurde.
  • Thallium(I)-Sulfat (Thallosulfat) wurde als imprägniertes Giftgetreide gegen alle Rattenarten, Hausmäuse, Feldmäuse und Schermäuse eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein Schwermetallgift, das eine große Persistenz in der Umwelt (Boden) aufweist, da kein Abbau der Verbindung stattfindet.

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Rodentizid-Einsatz und Risikominderungsmaßnahmen:
Biozid-Verordnung

Für den Einsatz von Antikoagulanzien in der Schadnagerbekämpfung gibt es im Zusammenhang mit der Biozid-Verordnung zahlreiche Veränderungen. So ist für die Anwendung bestimmter Rodentizide mittlerweile ein Sachkundenachweis erforderlich und es sind Risikominderungsmaßnahmen durchzuführen.

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